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Finanzkrise 2008

Der untenstehende Text ist als PDF Download verfügbar (Verfasser: Uwe Schafranski)

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Was ist eine Finanzkrise?

Unter einer Finanzkrise versteht man im Grunde Veränderungen im Finanzsystem, welche die Finanzierungsfähigkeit der Bürger eines Landes, der Unternehmen der Banken als auch der Staaten gefährdet.

Was kennzeichnet die derzeitge Finanzkrise?

Da mich immer wieder Schüler über die derzeitge Finanzkrise fragen, möchte ich im folgenden in kurzer und sehr vereinfachter Weise darstellen, wie es zu dieser derzeitigen Finanzkrise kam, und welche Folgen noch aus ihr erwachsen können.

Viele Ökonomen behaupten, dass die Ursache dieser Finanzkrise insbesondere in der expansiven Geldpolitiken der Zentralbanken (z.B. der Federal Reserve der USA) zu suchen ist.
So war es in den USA aufgrund niedriger Leitzinsen möglich, relativ günstig Kredite aufzunehmen. Dies befeuerte zum einen den Privatkonsum als auch den Kauf von Immobilien. Ein Nachfrageschub bei den Immobilien ließ die Preise im amerikanischen Immobiliensektor förmlich explodieren.
Für Besitzer von Immobilien gab es nun die Möglichkeit, ihre Hypothekenkredite aufzustocken (Mortgage Equity Withdrawal) und so weiter zu konsumieren  und den Aufschwung aufrechtzuerhalten. Besonders attraktiv ist dies natürlich auch in Zeiten fallender Leitzinsen, wie sie zum Teil für USA existierten. Die Analysten Leuschel und Vogt (Autoren des Buches die Inflationsfalle) gehen davon aus, das in den USA eine Immobilienpreissteigerung von 100 € zu ca. 9 Dollar zusätzlichen Konsum und 4 Dollar  zusätzlichen Aktieninvestitionen (was auch zu einer Aktienhausse führte) führten. 
In diesem Zusammenhang wuchs auch der gewerbliche Immobiliensektor, der u.a. die Orte des Konsums (Einkaufscenter) bereitstellte.
Es entstand mehr und mehr eine Immobilienblase, die sich durch einen wachsenden Immobiliensektor selbst befeuerte.

Doch was passiert, wenn die Preise für Immobilien rückläufig sind? Mit anderen Worten: Was passiert, wenn die Immobilienblase platzt?

Im Jahre 2007 kam es dann zu einer leichten ökonomischen Abkühling in den USA. Der Immobiliensektor wuchs nicht mehr in dem Umfang, wie man es gewohnt war. Die Preise der Immobilien sanken. Auch stieg die Arbeitslosigkeit an.
Jetzt wurde die Finanzkrise akut, weil die vergebenen Kredite oft nicht mehr 
ausreichend durch Kreidtsicherheiten (z.B. Immobilien) gedeckt sind oder weil Kredite aufgrund veränderter Einkommensituationen (z.B. Arbeitslosigkeit) nicht zurückgezahlt werden konnten.

In der Folge mussten die Banken "enorme" Abschreibungen vornehmen. Einige US-Banken kamen dadurch in extremer Schieflage (hohe Eigenkapitalminderungen). Einigen Banken versuchten daraufhin neues Eigenkapital zu beschaffen (um auch die Regulierungsanforderungen der USA zu entsprechen), indem sie andere Vermögenswerte rasch abverkauften (Deleveraging). Bei den Banken, wo eine Eigenkapitalaufstockung misslang und damit nicht ausrechend Eigenkapital vorhanden war, musste der Staat eingreifen, um Pleiten zu verhindern (z.B. bei der Hypothekenbank Freddie Mae).

Problematischerweise wurden viele dieser "faulen" Kredite (also Kredite ohne ausreichende Kreditsicherheiten) weltweit in Form von "strukturierten" verbrieften Wertpapieren weiterverkauft, so dass sie bis nach Deutschland gelangten und so die US.-Immoblienkrise globalisierten.   

Durch die Verknappung der Liquidität (Zahlungsfähgikeit) bei den Banken kam es dann zu einer Kreditkrise, weil die Banken nicht mehr in der gewohnten Art und Weise weiter Kredite vergeben wollten, da. die Kreditsicherheitsanforderungen stiegen, oder konnten, weil nicht ausreichend Eigenkapital vorhanden war. Damit sprang die Krise auf den realwirtschaftlichen Sektor über.
Zudem war und ist durch die Finanzkrise der Konsum rückläufig, da auch Konsumkredite nun schwerer vergeben werden und erhöhte Arbeitslosigkeit das Einkommen der Konsumenten verkleinert. Auch davon ist die Realwirtschaft betroffen. Nach Aussagen von Eurostat ging allein in der Eurozone die Industrieproduktion vom Frühjahr 2008 bis zum Frühjahr 2009 um 20 % zurück. 

Ein realwirtschaftlicher Einbruch führt aber auch dazu, dass die Einnahmen des Staates zu sinken beginnen. Vormals noch aktzeptierte Verschuldungsgrade einzelner Staaten rücken nun in den Fokus der Analysten, da diese nun die Rückzahlungsfähigkeit dieser Staaten anzweifeln. So entsteht die Anleihekrise (Anleihen: Kredite für den Staat). Staaten können sich nicht höher verschulden, weil ihnen Investoren Geld nur noch mit hohen Risikoaufschlägen geben (z.B. Griechenland). Damit wird der Staatshaushalt unkalkulierbar; es droht die Pleite. Dies wiederum kann ein Problem für einzelne Banken geben, weil diese u.U. Anleihen von Staaten (z.B. Griechenland, Spanien) besitzen, die in Probleme geraten sind.

In diesem Stadium entwickelte sich in Europa die Krise zu einer umfassenden europäischen Verschuldungskrise, weil anstelle der (teuren) Investoren nun Staaten einspringen, um verschuldete Staaten zu retten, indem sie direkt Kredite geben oder so genannte Rettungsschirme aufspannen, die im Fall der Pleite Verluste begrenzen sollen.

Dies führt insgesamt zu einer höheren Verschuldung der Staaten innerhalb der EU mit den oben beschriebenen Folgen.

Viele Analysten vermuten in dieser Phase der Krise, dass die europäische Zentralbank die Verschuldungskrise mit einer expansiven Geldpolitik unterstützt, da jede Leitzinserhöhung die Gefahr einer Verstärkung der Krise beherbergen könnte, da Kredite dann teurer werden würden (Folge: realwirtschaftliche Gefahren drohen) 
Eine expansive Geldpolitik erhöht jedoch die Inflationsgefahren.Dies ist mitunter auch der Grund, warum der Euro derzeit an Wert verliert.
Einige Analysten gehen so weit und sagen, dass eine Verschuldungskrise auch dazu führen kann, dass die EZB Staatsanleihen im großen Stil aufkauft (Monetarisierung). Das würde noch zu zusätzlichen Inflationsgefahren führen, weil dies dem Gelddrucken gleichkommt.

Für die weitere Entwicklung der Finanzkrise stellen sich folgende Fragen:

Bankenbereich:

1) Wie viel müssen die Banken noch an "faulen" Krediten durch die Immoblienkrise, die ja immer noch nicht beendet ist, abschreiben? Wie hoch ist auch der Abschreibungsbedarf bei den europäischen Banken? Welche Banken können dadurch noch in Schieflage geraten? Kann dies zu einer Liquiditätskrise der Banken führen (Kreditklemme) führen? Wie viel kann der Staat noch an Geld zur Rettung bereitstellen? Sollte er kein weiteres Geld geben, wie sind dann evtl. Bankenzusammenbrüche zu managen (Zahlungsverkehrszusammenbruch)?
Welche Gefahren lauern bei den Banken noch durch eventuell "problematische" Anleihen (Ramschanleihen)?

Realwirtschaft:

2) Wie geht die Realwirtschaft mit den verschärften Kreditvergaben um? Ist die Liquidität der Betriebe weiterhin gesichert? Wie entwickelt sich aufgrund der Entwicklungen der Finanzkrise die Konjunktur? Wie verändert sich die Konsumstruktur der Verbraucher (Konsumentenkredite?/ Angstsparen)?

Verschuldungskrise/ Staatskrise:

3) Wie gehen die Staaten mit sinkenden Steuereinnahmen bei gleichzeitig hoch bleibenden Verschuldungsgrad um? Was tun Staaten, die sich am Markt nur sehr teuer refinanzieren können (radikale Sparprogramme?) ? Werden reichere Staaten in Europa den ärmeren Staaten weiterhin helfen, damit diese sich nicht am teuren freien Finanzmarkt refinanzieren müssen? Was bedeuten Staatspleiten oder radikale Sparprogramme für die Demokratien?

Europäischer Währungsverbund:

4) Wie reagiert die EZB auf die ersten drei Fragen? Wird weiterhin eine expansive Geldpolitik fortgeführt (vielleicht sogar mit weiterern Monetarisierungen?) mit der Gefahr eines Heraufziehens einer Inflation im Euroraum? Ist die Inflations von den Staaten sogar gewünscht, weil sich dadurch die Staatsschulden reduzieren könnten? Dadurch würde der Druck auf die EZB erheblich steigen. 

Fazit:

Insgesamt ist die Finanzkrise keineswegs überwunden. Es stehen noch weiterhin hohe Abschreibungen bei den Banken durch die Immobilienkrise an. Auch die Anleihenproblematik verschuldeter Staaten ist noch längst nicht für die Banken und Staaten ausgestanden.
Durch die realwirtschaftliche Schieflage, den Steuerpolitiken der einzelnen Länden und den schon bisher aufgetürmten Schuldenlasten nehmen die Verschuldungsprobleme weiter stark mit ungewissem Ausgang zu. Wohlstandsverluste und Gefahren für die Demokratie nehmen zu.

Mit den in unregelmäßigen Abständen publizierten aktuellen Informationen versuche ich auf die Probleme der Finanzkrise Antworten zu finden und sie dem interessierten Leser/ Schüler bereitzustellen: